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1. Das Deutsche Reich - S. 1

1905 - Berlin : Mittler
I. Allgemeines. Welche Aufgabe hat die Wirtschaftsgeographie? Die Vielgestaltigkeit des heutigen Wirtschaftslebens stellt an den einzelnen hohe geistige und körperliche Anforderungen. Zahlreiche Existenzen unterhegen alljährlich in dem mit allen nur denkbaren Mitteln geführten Interessenkampfe, weil ihnen über den engen Kreis des eigenen Berufslebens hinaus das Verständnis für die Bedürfnisse der Zeit, die Einsicht in das allgemeine Wirtschaftsleben fehlt. Diese erweiterte volkswirtschaftliche Einsicht verleiht dem einzelnen erhöhte wirtschaftliche Kraft. Die Wirtschaftsgeographie hat die Aufgabe, die wirtschaft- lichen Verhältnisse eines Landes auf ihren ursächlichen Zu- sammenhang mit den natürlichen Landesverhältnissen zu untersuchen. Nur diese kausale Betrachtungsweise der Erdkunde, welche die wirtschaftlichen Leistungen der Länder in den Vordergrund stellt, ist von bleibendem Werte für die geistige und berufliche Bildung. Was mufs man zum besseren Verständnisse der wirtschaft- lichen Verhältnisse Deutschlands von der Entwicklungs- geschichte der Erde wissen? Nach den Hypothesen von Kant, Laplace, Thomson und Croll be- standen einst alle Körper unseres Sonnensystems aus großen kugelförmigen Nebelmassen, die durch gegenseitige Anziehung in Bewegung gerieten. Die durch die Schnelligkeit derselben erzeugte ungeheure Wärme ver- setzte die Urnebel, auch Materie genannt, in einen gasförmigen Zustand, in welchem sich bereits alle gegenwärtig auf der Erde vorhandenen Stoffe befanden. Durch fortgesetzte Wärmeausstrahlung und durch die hiermit ver- bundene stete Zusammenziehung wurde aus dem glühenden Nebelball all- mählich ein glühendflüssiger Körper. In ihm waren die Bestandteile der heutigen Erdkruste in geschmolzenem Zustande enthalten. "Wolff—pflug, Wirtschaftsgeographie. I. 1

2. Das Deutsche Reich - S. 11

1905 - Berlin : Mittler
11 Es sind: Holland, Belgien, Frankreich, Schweiz, Österreich-Ungarn, Rußland und Dänemark. Diesen schließen sich an im Norden bezw. Nordwesten : Schweden, Norwegen und England, die durch schmale Meeresteile mit unserem Yaterlande mehr verbunden, als von ihm getrennt sind. Die Pyrenäen- und Balkanhalb- insel stehen zwar in nicht so inniger Verbindung mit dem deutschen Reiche wie Italien, das nur durch die kleine Schweiz und durch die verhältnismäßig wegsamen österreichischen Alpen- gebiete getrennt ist, helfen jedoch den zweiten Staatenring bilden, der Deutschland in weitem Bogen umspannt. So hat wie kaum ein anderes Land Deutschland eine zentrale Lage; es bildet daher auch das wichtigste Durch- gangsgebiet für den europäischen Handel und Verkehr. Welche wirtschaftlichen Nachteile und Vorteile ergeben sich für Deutschland ans der zentralen Lage? Ein Blick in die Blätter der Weltgeschichte lehrt uns, wie Deutschland fast in jedem Jahrhundert der Schauplatz kriegerischer Ereignisse, der Tummelplatz fremdländischer Heeresmassen gewesen. Aus fast auen Himmelsgegenden ergossen sich kulturfeindliche Völkerströme in die deutschen Gaue. Aus dem Osten brausten gleich einem gewaltigen Un- gewitter nacheinander die wilden Horden der Hunnen, die räuberischen Magyaren und die heidnischen, barbarischen Slawen in das Land, alles vernichtend mit Feuer und Schwert. Von Norden kamen die Schweden, von Westen die Franzosen und beteiligten sich an dem unseligen Religions- kampf, der in dreißigjähriger Dauer die Hälfte aller Ortschaften samt ihren Bewohnern mit eisernem Besen, durch Hungersnot und Pest, vernichtete. Von ähnlicher Wirkimg für unsere Kultur waren die Schrecknisse des siebenjährigen Krieges und die tief traurigen Ereignisse der .Jahre 1806 und 1807, als wiederum französische Heere unsere Fluren zerstampften. Natürlich haben diese das Volksleben bis ins Mark treffenden Er- eignisse die wirtschaftliche Entwicklung unseres Vaterlandes außerordentlich gehemmt Wie aber Deutschland durch seine zentrale Lage den vernichtenden Elementen leicht zugänglich gewesen ist, so haben in gleicher Weise auch die kulturfreundlichen Strömungen ins Land dringen können, die von den Nachbarstaaten ihren Ausgang nahmen. Und besonders in neuester Zeit, da Deutschland geeint, macht- und glanzvoll als ein Hort des europäischen Friedens dasteht, hat sich der aus seiner Mittellage erwachsende wirtschaftliche Vorteil mehr denn je bemerkbar gemacht. Statt der wilden Horden durchziehen jetzt kreuz und quer Segen und Wohlstand bringende Handels- und Verkehrsstraßen das Land, die Nachbarstaaten miteinander verknüpfend. So muß Deutschland eine vermittelnde Rohe übernehmen, wollen Frankreich und Rußland, Dänemark und Italien, Holland, Belgien und England einerseits, Österreich-Ungarn und die südöstlichen europäischen Staaten anderseits in Handelsbeziehungen treten.

3. Das Deutsche Reich - S. 118

1905 - Berlin : Mittler
118 Iii. Die Industrie. Geschichtliche Entwicklung- der deutschen Industrie. Mittelalter. Die deutsehe Großindustrie, die mit ihren bewunderns- werten Leistungen und außergewöhnlichen Fortschritten unser Erstaunen wachruft, hat sich aus dem schlichten Handwerk entwickelt. Dieses aber stand schon im Mittelalter in hoher Blüte; genossen doch die Leistungen der Augsburger Tuchmacher und Nürnberger Metallarbeiter selbst im Aus- lande hohes Ansehen. 16. bis 18. Jahrhundert. Als jedoch mit dem Rückgang der deutschen Hansa der Handelsverkehr nachließ, geriet auch das Handwerk mehr und mehr in Verfall. Der dreißigjährige Krieg richtete es vollständig zu- grunde. Im 18. Jahrhundert jedoch zeigte sich im wirtschaftlichen Leben Deutschlands eine Wendung zum Besseren. Anhaltende Kriege aber, die auch in diesem Zeitraum ihre nachteiligen Wirkungen auf Handel und Gewerbe ausübten, verhinderten einen schnelleren Fortschritt. Zudem nahm die Gewerbtätigkeit eine falsche Richtung an und wandte sich nur solchen industriellen Zweigen zu, die vorzugsweise Luxusartikel, wie Glas, Handschuhe, Seidenwaren, Hüte und Porzellan, herstellten und nur bei der wohlhabenden Bevölkerung auf Abnehmer rechnen konnten. Besser stand es um die verschiedenen Zweige der Gewebeindustrie; Leinen-, Baum- woll- und Wollwaren waren begehrte Artikel im In- und Auslande. Auch Nürnberger Metallwaren fanden wieder im Auslande Beachtung, und die Schwarzwälder Uhren fingen an, im Ausfuhrhandel Deutschlands eine Rolle zu spielen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigte sich dank der Fürsorge Friedrichs des Großen ein schnellerer Fort- schritt im wirtschaftlichen Leben. Der Bau von Straßen und Kanälen, die Einrichtung von Kreditanstalten, die Einwanderung von Land- wirten und Gewerbetreibenden förderten Landwirtschaft, Handel und Industrie. Ii). Jahrhundert. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts erlitt der neu einsetzende wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands wieder eine, jedoch nur vorübergehende, Störung durch die von Napoleon I. heraufbeschworenen Kriegsstürme. Die im Jahre 1810 eingeführte Gewerbefreiheit machte die Bahn für die ungehinderte Entwicklung der deutschen Industrie frei. Diese vollzog sich anfangs nur schüchtern und langsam; aber die langjährige Friedenszeit, die wirtschaftliche Einigung Deutschlands durch Grün- dung des deutschen Zollvereins im Jahre 1834 und die Einführung des Maschinenbetriebes brachten sie in ganz gewaltigem Maße zur Ent- faltung. Als dann im Jahre 1871 die nationale Einigung erfolgte, erwachte auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens ein ungeheurer Unternehmungsgeist. Die kapitalkräftige deutsche Industrie machte riesige Fortschritte und wagte es, auf dem Weltmarkt den Wettkampf mit den hochentwickelten Industrien der englischen, französischen und nordameri- kanischen Nation aufzunehmen. Dieser jahrelange Kampf hat alle Welt davon überzeugt, daß die deutsche Nation auf industriellem Gebiete allen andern ebenbürtig zur Seite steht, und daß England die größten An- strengungen zu machen hat, wenn es nicht von Deutschland überflügelt •werden will.

4. Das Deutsche Reich - S. 147

1905 - Berlin : Mittler
— 147 leistungsfähig, so daß sie weit über den Inlandbedarf produzierte und sich nach Absatzgebieten im Auslande unisehen mußte. Eine wesentliche Förderung erfuhr Deutschlands Handelsverkehr mit dem Auslande durch die allgemeine Einführung der Dampfschiffahrt und durch die Gründung des deutschen Zollvereins. Durch letzteren wurde die wirtschaftliche Einheit Deutschlands geschaffen, und es kam durch ihn zum Abschluß von vorteilhaften Handelsverträgen mit den Nachbarstaaten. Der Außenhandel Deutschlands nahm in der Folgezeit einen gewaltigen Aufschwung; es entstanden mehrere große Schiffahrtsgesellschaften (Nord- deutscher Lloyd und Hamburg-Amerika-Linie), die den überseeischen Handel ungemein förderten. Die Industrie wurde mit Einführung des Maschinenbetriebes immer leistungsfähiger und bildete sich allenthalben zum Großbetrieb aus. Die Begründung des Deutschen Kaiserreiches führte eine weitere Förderung des deutschen Außenhandels herbei. Die Reichsregierung ver- schaffte dem Handel mit dem Auslande eine wirksame Vertretung durch die Konsidate und den nötigen Schutz durch eine fortgesetzte Vermehrung der Kriegsflotte. Das Auswanderungswesen wurde geregelt, und durch Erwerbung von Kolonien wurden dem deutschen Handel im Auslande feste Stützpunkte gegeben. b. Umfang und Bedeutung-. Gegenwärtig nimmt das Deutsche Reich den zweiten Platz im Weltwirtschaftsverkehr ein und wird nur von Großbritannien bedeutend überragt. Aber dieses Land hat ebensowenig wie die rasch aufblühenden Vereinigten Staaten ein so schnelles Tempo der Entwicklung aufzuweisen wie unser Vaterland. Der Abstand zwischen Großbritannien und Deutschland, der vor einem halben Jahrhundert außerordentlich groß war, nimmt fortgesetzt ab, und es wird England große Mühe kosten, wenn dieser Unterschied nicht eine weitere Verminderung erfahren soll. An dem Welthandel, den man 75 bis 80 Milliarden Mark schätzt, ist Großbritannien mit etwa einem Fünftel, Deutschland mit mehr als einem Achtel beteiligt, während auf Frankreich, das früher den zweiten Platz unter den Welthandelsmächten ein- nahm, nur etwa ein Elftel entfällt. Mit Stolz darf Deutschland auf die Entwicklung seiner Handelsbeziehungen in den letzten Jahrzehnten zurückblicken. Immer reger gestaltet sich sein Güteraustausch mit den ver- schiedenen Nationen, immer größer werden seine Ansprüche und seine Leistungen für den Weltmarkt. Der deutsche Kauf- mann ist in allen Teilen der Erde eifrig bemüht, den deutschen Industrieerzeugnissen neue Absatzgebiete zu erobern. Die deutsche Handelsflagge steht überall in hohem Ansehen, und unsere Kriegsflotte, die zwar erst an fünfter Stelle steht, sorgt für den Schutz der Handelsschiffe gegen feindliche Bedrängungen. 10*

5. Das Deutsche Reich - S. 149

1905 - Berlin : Mittler
149 der Normannen auf der Nordsee. Die Hansa, welche ursprüng- lich den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der Ostsee hatte, zog allmählich auch die Nordsee in ihr Bereich. Mit dem politischen und wirtschaftlichen Niedergange Deutschlands verlor die Nord- see mehr und mehr ihre Bedeutung für dieses Land, und erst in neuerer Zeit haben sich die Nordseehäfen ihre frühere Be- deutung zurückerobert. Nächst den Engländern spielen die Deutschen die wichtigste Rolle im Nordseeverkehr. Die Ostsee hat nicht annähernd die Bedeutung für Deutsch- lands Außenhandel wie die Nordsee. Während sie zur Blüte- zeit der Hansa im 14. und 15. Jahrhundert das Hauptfeld des Welthandels bildete, stieg sie mit der Entdeckung des großen atlantischen Seeweges von ihrer Höhe herab. Sie hat heute nur noch eine größere Bedeutung für den deutsch-russischen und russisch-englischen Handel. Daraus erklärt es sich auch, daß die Ostseereederei nicht einen gleichen Aufschwung ge- nommen wie die Nordseereederei. Im Gegenteil, manche ihrer Häfen weisen sogar einen erheblichen Rückschritt auf. Die große Entfernung vom Atlantischen Ozean hat sich besonders in neuerer Zeit als nachteilig erwiesen. Der Kaiser-Wilhelm- Kanal, der allerdings in erster Linie strategischen Zwecken dienen soll, hat in dieser Hinsicht eine, wenn auch nur lang- same Besserung herbeigeführt, indem er die Ostsee in engeren Anschluß an das Weltmeer gebracht hat. Man hat im übrigen große Mittel zur Besserung der Verkehrsverhältnisse in den Ostseehäfen aufgebracht und diese namentlich zur Erweiterung der Hafenanlagen in den größeren Hafenstädten und zur Anlage von Verbindungswegen mit der offenen See verwandt (Haff- kanal von Königsberg und Kaiserfahrt von Stettin nach Swine- münde). In Danzig und Stettin sind Freihafenbezirke geschaffen worden. Die Anlage des Elb-Travekanals zielt ebenfalls auf die Hebung der Ostseereederei ab. Eine wesentliche Besserung wäre aber vor allem von der Hebung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Hinterlande der Ostsee, namentlich im östlichen Deutschland zu erwarten. Nur Stettin besitzt in der Reichshauptstadt und in dem gewerblichen Schlesien ein gutes Hinterland. Das Mittelmeer. Für Deutschlands Außenhandel ist es in doppelter Hinsicht von Bedeutung. Einmal ist es die Durch- gangsstraße für den regen Verkehr Deutschlands nach Ost- afrika, Ostindien, Ostasien und Australien, zum andern aber bildet es den Zugang zu den Mittelmeerländern, an deren Handelsverkehr unser Vaterland einen bedeutenden Anteil hat,

6. Das Deutsche Reich - S. 84

1905 - Berlin : Mittler
84 besserung bedarf, um den wirtschaftlichen Ansprüchen ge- nügen zu können, so kann man größere wirtschaftliche Be- deutung von der Oder erst in der Zukunft erwarten. Der Klodnitzkanal verbindet Gleiwitz mit Kosel. b) Die Eisenbahnen. Den Mittelpunkt des gut ent- wickelten Eisenbahnnetzes bildet Breslau. Man unterscheidet folgende Linien : ( Sagan, Guben, Frankfurt a. 0., Berlin 1. Breslau — Liegnitz ; (Niederschlesisehc Bahn) I Bunzlau, Görlitz, Dresden. ( Beuthen, Königshütte, Myslowitz 2. Breslau — Oppeln { (Oberschlesische Bahn) I Kosel, Ratibor—wien. 3. Breslau — Glogau —Grünberg — Küstrin, Stettin (Oderbahn). 4. die Sudetenbahn. H. Das norddeutsche Flachland. Welches Gebiet umfafst es? Das norddeutsche Flachland umfaßt das gewaltige Gebiet deutscher Zunge, das sich vom nördlichen Rande der deutschen Mittelgebirge bis zu den Gestaden der Nord- und Ostsee erstreckt. In welche Teile kann man das norddeutsche Flachland zerlegen? a) Physisch. Das ganze Gebiet zerfällt in zwei Haupt- teile. Der bei weitem kleinere Teil umfaßt das Stromgebiet der Ems, der unteren Weser, der mittleren und unteren Elbe und heißt westdeutsches Flachland; der größere umfaßt das Stromgebiet der mittleren Oder, der Weichsel und des Pregels und heißt ostdeutsches Flachland. Als ein drittes Glied ist noch das »meerumschlungene« Schleswig-Holstein aufzufassen, das die charakteristischen Merkmale der genannten Teile in sich vereinigt. b) Politisch umschließt es (außer den bereits betrachteten Tieflandsbuchten und Vorländern der deutschen Mittelgebirge) die Provinzen Posen, West- und Ostpreußen, Pommern, Branden- burg, Schleswig-Holstein, teilweise Hannover und Westfalen; sodann die Großherzogtümer Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Strelitz.

7. Das Deutsche Reich - S. 146

1905 - Berlin : Mittler
146 — Von da ab wußten sich Venedig und Genua die Vorherrschaft im Handel mit dem Orient zu verschaffen und Konstantinopel die Vermittlerrolle zu entreißen. An Stelle der Donaulinie kamen die Alpenstraßen über den Brenner, Julier und Septimer zu großer Bedeutung. Die Hansa. Ahnlich wie auf dem Mittelmeer entwickelte sich ein reges Handels- und Verkehrsleben auf der Ostsee. Im Ib. und 14. Jahr- hundert lag der Ostseehandel vollständig in den Händen der Hansa, eines Städtebundes, der zur Sicherung gemeinsamer Handels- und Seefahrts- interessen geschlossen wurde. Die Führerin dieses mächtigen Bundes, der seine Handelsbeziehungen nach Kußland, Polen, Dänemark, Schweden und Norwegen, England, den Niederlanden und später auch nach dem Süden ausdehnte, war Lübeck. Die Hansa wurde mit der Zeit so mächtig, daß sie Kriege führen konnte, und Könige sich um ihre Gunst bewarben. Zur Blütezeit der Hansa war Deutschland nicht nur politisch der mächtigste Staat Europas, sondern zugleich auch der erste Handelsstaat. 16. bis 18. Jahrhundert. Während die westeuropäischen Staaten infolge der Entdeckung Amerikas und des Seeweges nach Ostindien zu hoher Blüte gelangten, begann der allmähliche Verfall des deutschen Außenhandels. Die Macht der Hansa wurde durch die aufstrebenden Seestaaten und durch innere Zwistigkeiten gebrochen. Ein Handels- gebiet nach dem andern ging ihr verloren. Auch der süddeutsche Handel wurde lahmgelegt, verloren doch Venedig und Genua mit der Entdeckung des Seeweges nach Ostindien ihre Bedeutung für den Handel mit dem fernen Orient. Mit dem Bückgange auf kommerziellem Gebiete war der Zerfall Deutschlands auf politischem Gebiete verbunden. Die Auflösung in machtlose Kleinstaaten und religiöse Streitigkeiten be- siegelten seine Bedeutungslosigkeit für Weltpolitik und Welthandel. Deutsch- land bildete nur noch einen Schatten seiner einstigen Größe. Der dreißig- jährige Krieg richtete vollständig zugrunde, was noch übrig geblieben war. Landwirtschaft, Gewerbe, Bergbau und Bürgertum waren vernichtet. Im 18. Jahrhundert macht sich endlich wieder eine allmähliche Besserung in den wirtschaftlichen Verhältnissen Deutschlands bemerkbar. Die industrielle Produktion fängt an sich zu heben, und mit ihr wird eine mehr und mehr zunehmende Ausfuhr an Lernen, Tuchen, Metallwaren, Schwarzwälder Uhren und Nürnberger Kurzwaren möglich. An Stelle der Ostsee erlangt die Nordsee und mit ihr Hamburg und Bremen mehr und mehr Bedeutung für den deutschen Seehandel und für die Einfuhr an Kaffee, Tee, Reis, Zucker, Tabak und anderen ausländischen Waren. Während die genannten Seestädte die Einfuhr nach Norddeutschland vermittelten, versorgte Holland Süddeutschland mit Kolonialprodukten. Die zweite Blütezeit des deutschen Welthandels. Nach der Los- reißimg der englischen Kolonien vom Mutterlande im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts entstand durch Vermittlung Hamburgs und Bremens bald ein reger Handelsverkehr zwischen Deutschland und der nordameri- kanischen Union. Derselbe erfuhr- aber durch die von Napoleon I. ver- hängte Kontinentalsperre eine jähe Unterbrechung, und für längere Zeit war der deutsche Außenhandel lahmgelegt. Allerdings hielt sie auch die englische Konkurrenz fern, was für die Entwicklung der deutschen Industrie von großem Vorteil war. Als dami die früheren Beziehungen zum Aus- lande durch die Vermittlung der Hansastädte wieder in Fluß kamen, er- wies sich die deutsche Industrie auf den verschiedensten Gebieten sehr

8. Das Deutsche Reich - S. 152

1905 - Berlin : Mittler
152 Straße von Mitteleuropa über Kleinasien zum Persischen Meere und der Weg von Westeuropa über Moskau nach Ostasien. Der Weg von der Donau über Konstantinopel nach Baßra am Persischen Meere wird uns von der Benutzung des unter englischem Einflüsse stehenden Suezkanals freimachen. Er bildet aber auch den größten Teil der direkten Straße aus dem Herzen Europas nach jenen Ländern des fernen Orients, die als Rohstofflieferanten wie auch als Abnehmer europäischer Waren von höchster Bedeutung sind. Durch den Bau der Bagdadbahn, den sich deutscher Unternehmungsgeist und deutsches Kapital zur Aufgabe gemacht haben, soll die Ver- bindung zwischen Konstantinopel und Baßra hergestellt und jene alte Völkerstraße wieder zu Ehren gebracht werden, auf der sich vor Jahrtausenden der Verkehr zwischen Europa und Ostindien bewegte. Es ist nicht ohne Bedeutung, daß die alte Donaustraße aus Deutschland gleichsam hinweist nach dem Südosten, zum Euphrattal, zum Indischen und Großen Ozean. Die Straße von Westeuropa über Moskau nach Ost- asien mit einer Länge von rund 11000 km ist die zweite Überlandroute, die als Welthandelsstraße mit Vollendung der sibirischen Bahn für Deutschland einen hohen Wert erlangt hat. Für den Transport von Massengütern aus Deutschland nach Ostasien wird sie wohl kaum jemals in Frage kommen, da diese stets den billigeren Seeweg wählen werden; aber durch die Beförderung der Post, der Personen und wertvoller Güter wird sie von internationaler Bedeutung sein. 2. Die deutsche Handelsflotte. a. Entwicklung'. Deutschland durchlebt jetzt die zweite Blütezeit seines Welthandels. Wie einst Venedig das Mittelmeer, so beherrschte vom 13. bis 15. Jahr- hundert die deutsche Hansa mit ihrer gewaltigen Handelsflotte Nord- und Ostsee. Sie war mit der Zeit zu einer solchen Machtfülle gelangt, daß sie aus einem Krieg mit dem Dänenkönig Waldemar siegreich hervorging. Doch gegen Ende des 15. Jahrhunderts begann der Stern der Hansa zu sinken. Zahlreiche Feinde, innere Zwistigkeiten führten den vollständigen Verfall herbei. Während die westeuropäischen Mächte infolge der großen Entdeckungen am Ende des 15. Jahrhunderts schnell emporblühten, sank der deutsche Seehandel zur Bedeutungslosigkeit herab. Nur Hamburg, Bremen und Lübeck wußten sich den neuen Zeitverhältnissen anzupassen und einen gewissen Anteil an dem Welthandelsverkehr zu sichern. Doch auf den Schutz eines Deutschen Reiches konnten sie nicht rechnen. Deutschland war während des 16. und 17. Jahrhunderts der Schauplatz religiöser und politischer Wirren und so zu Ohnmacht und wirtschaftlichem Verfall verurteilt.

9. Das Deutsche Reich - S. 153

1905 - Berlin : Mittler
153 Im 18. Jahrhundert zeigte sich zwar im wirtschaftlichen Leben eine Wendung zum Bessern, aber von deutschem Seehandel und deutscher Seemacht war keine Rede. Da kam das Jahrhundert des Verkehrs, das Zeitalter des Dampfes, das dem deutschen Unternehmungsgeist neues Leben einhauchte. Der deutsche Zollverein (1834) brachte die wirtschaft- liche Einigung und Erstarkung Deutschlands, die Dampfschiffahrt fand immer weitere Verbreitung, der Schiffbau hob sich, und wichtige Schiffahrts- gesellschaften wurden gegründet. Deutschlands Anteilnahme an dem Seehandel gestaltete sich immer lebhafter, und der im Jahre 1866 ge- gründete Norddeutsche Bund sicherte den überseeischen Unternehmungen deutscher Kaufleute seinen Schutz zu. Da kam der Krieg von 1870/71, der nicht nur die Gründung des Deutschen Reiches brachte, sondern mit seinem Milliardensegen die deutsche Kapitalkraft zu großen Unternehmungen gewaltig stärkte. Seit diesem politischen Ereignis hat nun der deutsche Seehandel ein Tempo der Entwicklung angenommen, das die kühnsten Hoffnungen übertroffen hat. Stand Deutschland noch vor 30 Jahren an vierter Stelle in der Reibe der gesamten Welthandelsflotte, so darf es sich rühmen, heute an die zweite Stelle gerückt zu sein und damit die Vereinigten Staaten und Frankreich überflügelt zu haben. An dieser hocherfreulichen Entwicklung haben die beiden Hansastädte Hamburg und Bremen mit ihren kapital- kräftigen und unternehmungslustigen Schiffahrtsgesellschaften, von denen besonders die Hamburg-Amerika-Linie in Hamburg und der Norddeutsche Lloyd in Bremen genannt zu werden verdienen, den weitaus wichtigsten Anteil. An diesem raschen Fortschritt in der Entwicklung hat die Ostsee- flotte nur in einem sehr geringen Umfange teilgenommen. Ja, es weist ein nicht unbeträchtlicher Teil der Ostseehäfen sogar einen bedenklichen Rückgang auf. Die Entwicklung und Leistungsfähigkeit der deutschen Flotte mögen folgende Zahlen veranschaulichen: Se gelschiffe D a mpfschiffe Gesamte Jahr Besatzung Leistungs- Zahl Reg. Tons netto Zahl Reg. Tons netto insgesamt fähigkeit in Tausenden in Tausenden Reg. Tons 1871 4372 900,3 147 82,0 39475 1146,3*) 1902 2496 587,0 1463 1506,1 53946 5105,3 Dieses Bild zeigt uns einen bedeutenden Rückgang in Zahl und fonnengehalt der Segelschiffe und außergewöhnliche Vermehrung der Dampfer. Darin liegt insofern ein besonders günstiges Moment, als die Leistung eines Dampfers mindestens dreimal so hoch bewertet wird, als die ejnes Seglers von gleicher Größe.*) *) 1146,3 Reg.-Tons = 900,3 Reg.-Tons -f 3 X 82 Reg.-Tons.

10. Das Deutsche Reich - S. 157

1905 - Berlin : Mittler
— 157 3. Die Weltpost. a. Wie hat sich die Weltpost entwickelt? Das 19. Jahrhundert, das Zeitalter des Dampfes und der Elektrizität, hat auf dem Gebiete des nationalen und internationalen Völker- imd Güter- verkehrs gewaltige Umwälzungen geschaffen. Mit der Gründung des Weltpostvereins im Jahre 1874 tat die Post jenen kühnen Schritt, der eine vollständige Neugestaltung dieses Verkehrsmittels im Gefolge hatte. Wie notwendig gerade auf diesem Gebiete das Eingreifen einer schöpferischen Hand war, davon überzeugt uns ein Blick in die postalischen Verhältnisse Deutschlands um die Mitte des 19. Jahrhunderts, noch mehr aber die Be- trachtung des internationalen Postverkehrs aus jener Zeit. Deutschland war damals geradezu der Schauplatz postalischer Ver- wirrung. Kein Wimder, da jeder deutsche Kleinstaat seine eigene Post hatte. Mehrere Staaten bemühten sich sogar, in den Zentren des inter- nationalen Verkehrs, wie in Hamburg, Lübeck und Bremen, den Post- verkehr an sich zu ziehen, ohne Rücksicht auf die Bequemlichkeit für das Publikum. Hamburg bot in dieser Hinsicht ein geradezu kurioses Bild. Wer dort seine Postsachen schnell und sicher befördert haben wollte, mußte »Briefe für Sachsen und einige mitteldeutsche Herzogtümer zur preußischen Post, Briefe für Braunschweig zur hannoverschen Post, solche ñü Olden- burg, Bremen und Lübeck zur Hamburger Stadtpost, Briefe nach dem nahen Lauenburg zur dänischen, Briefe nach der einen Hälfte Österreichs zur preußischen, nach der andern Hälfte zur Turn- und Taxischen Post %eben.« *) Dieses Beispiel mag genügen, um ein Bild von der Verworrenheit der deutsch-inländischen Postverhältnisse zu geben. Nicht minder schwierig waren die postahschen Beziehungen zum Auslande. Von Einheitlichkeit in den Porto- und Gewichtssätzen, von Schnelligkeit und Sicherheit in der Beförderung der Briefe konnte kaum die Bede sein. Besonders hemmend für den Auslandsverkehr erwiesen sich die hohen Portosätze, zahlte man doch für einen Brief aus Deutschland nach Eom 48 oder 68 oder 85 oder sogar 90 Pfennig, je nachdem er seinen Weg durch Österreich, durch die Schweiz, über Frankreich oder zu Wasser über Genua nahm. Im Jahre 1860 zahlte man für einen Brief von Berlin nach Edinburg 1 Mark, während er heute nach der Weltposttaxe nur 20 Pfennig kostet. Als der eigentliche Begründer der Weltpost verdient der Generalpostmeister des Deutschen Reiches v. Stephan genannt zu werden, der die Bedürfnisse des internationalen Verkehrs- lebens klar erkannte und eifrig bestrebt war, die Kulturstaaten der Erde zu einer großen Postverkehrsgemeinschaft zusammen- zufügen. Dieses Verkehrsideal des hochverdienten Staatssekre- tärs wurde auf dem ersten internationalen Postkongreß zu Bern im Jahre 1874 durch Abschluß des Weltpostvertrages und Gründung des Weltpostvereins in die Wirklichkeit um- gesetzt. *) Jung, Weltpostverein. i
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